Fabio Pacozzi, Leiter Kommunikation, Schweizerischer Gemeindeverband
«Es war spannend, die Entwicklung der Ideen zu verfolgen.»Der Schweizerische Gemeindeverband ist eine wichtige Informations-Drehscheibe für die mehr als 2100 Schweizer Gemeinden und Städte. Fabio Pacozzi ist als Leiter Kommunikation des Verbands in der Pflicht: Er muss spüren, was grosse und kleine Gemeinden in den verschiedenen Sprachregionen wünschen. Doch wie fühlt er den Puls der heterogenen Klientel?
Herr Pacozzi, Sie wollten wissen, welche Informationen die Schweizer Gemeinden wünschen – und wie. Weshalb nutzten Sie dazu den Online-Dialog von BrainE4?Wir bekommen recht viele Anfragen, die irgendetwas bei den Gemeinden bekannt machen wollen. Darunter auch eine Anfrage zur Zusammenarbeit von Andreas Seonbuchner von BrainE4. Er stellte uns diese neuartige Web-App vor. Was wir da sahen, war wirklich etwas, was uns aufhorchen liess.Weshalb?Es ist eben nicht eine „normale Umfrage“. Dieser Online-Dialog hat eine spielerische Art, die einem in Erinnerung bleibt und sehr zielführend ist. Deshalb gingen wir mit BrainE4 eine Partnerschaft ein. Wir wollten nicht nur helfen, BrainE4 bekannt zu machen, sondern das Instrument auch für uns selbst nutzen.
«Es ist tatsächlich keine Umfrage. Es ist fast wie ein Spiel.»
Was wollten Sie herausfinden?Unser Problem war: Es war uns intern bewusst, dass wir uns ein bisschen im Blindflug befinden in der Kommunikation. Wir sind ja nur zu zweit – Nadja Sutter fürs Magazin und ich für die digitalen Kanäle. Und wie das in der Kommunikation so ist, erhalten wir normalerweise nur wenige Rückmeldungen von unserem Publikum. Uns hat vor allem interessiert, auf welchen Kanälen sich das Gemeindepersonal oder die Behördenmitglieder aus den Gemeinden informieren.
Wie bereiteten Sie den Kontakt zwischen den Gemeinden und dem Online-Dialog vor?Wir wurden dazu von Andreas Seonbuchner beraten. Er hat uns geholfen, eine Fragestellung zu entwerfen. Er hat uns auch darauf hingewiesen, dass es eben keine „Umfrage“ ist. Es ist tatsächlich etwas anderes. Es ist fast wie ein Spiel. Nachdem die Fragestellung definiert war, haben wir den Aufruf auf allen möglichen Kanälen gestreut.
«Über 500 Teilnehmende! Das war definitiv mehr als wir erwartet hatten.»
Was hat funktioniert?Direct Mailing, Heft und Newsletter funktionierten gut. Social Media hatte weniger Einfluss. Ein Detail: Als Verband richten wir uns immer in der Sie-Form an unser Publikum. Uns hat Herr Seonbuchner geraten, dass wir das Publikum in der Du-Form ansprechen. Also einen etwas lockeren Umgangston wählen. Das haben wir auch gemacht. Im Französischen haben wir uns von unseren Kolleginnen aber sagen lassen, dass das nicht gut ankommt. Also haben wir uns ans „Sie“ gehalten.Welche Erwartungen hatten Sie bezüglich Teilnahme?Ich hatte keine konkreten Erwartungen. Ich hoffte aber auf über 100 Teilnehmende. Schliesslich waren es über 500! Das war definitiv mehr, als wir erwartet hatten. Sehr überzeugend sind für mich auch die über 14‘000 Interaktionen zwischen den Teilnehmenden. Das gibt eine verlässliche Datengrundlage.
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Sie haben von der Romandie gesprochen. Der Online-Dialog funktionierte simultanübersetzt. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?Weil wir mehrsprachig kommunizieren, war es für uns eine Voraussetzung, dass wir den Online-Dialog dreisprachig machen können.Und wie hat das funktioniert, rein technisch?Einwandfrei – wir hatten keine Klagen. Auch, weil wir die Fachausdrücke gut vorbereitet hatten.
«Überall, wo offene Fragestellungen zentral sind, funktioniert BrainE4.»
Welche Themen wünschten die Teilnehmenden mehr – und welche eher weniger?Themen, die in unserer Verbandskommunikation mehr Platz erhalten sollen, sind: Digitalisierung, Bürgerpartizipation und Fachkräftemangel. Weiter hinten landeten – auch zu meiner Überraschung – Energie, Biodiversität oder Migration. Ich hätte darauf getippt, dass Migrations-Themen weiter vorne landen.Welche Schlüsse ziehen Sie aus den Daten?Wir haben gemerkt, dass Newsletter und Magazin rege genutzt werden. Die Verbands-Homepage wird weniger direkt angegangen. Auch Social Media wird im Vergleich etwas weniger genutzt. Dieses Wissen hilft uns, die Ressourcen einzuteilen. Denn diese sind mit zwei verantwortlichen Personen eher limitiert. Wir können Social Media nicht hochprofessionell betreiben. Dafür fehlen uns die Ressourcen. Wir konzentrieren uns also auf das Heft und den Newsletter, denn das wird auch gelesen.Was kam neu auf die „Wunschliste“?Viele Gemeinden wünschen mehr Interaktion und Erfahrungsaustausch – untereinander, aber auch mit uns. Da haben wir schon erste Schritte gemacht, verschiedene Formate angeschaut. Wir versuchen jetzt, ein Gefäß zu entwickeln, das das ermöglicht. Konkret prüfen wir zurzeit etwa die Möglichkeit zur Durchführung von Webinaren. Mit unseren Hypothesen, die wir auch in den Online-Dialog eingegeben haben, lagen wir grundsätzlich nicht schlecht. Aber es kam einiges Neues. Gerade zum Thema Digitalisierung gab es mehrere Inputs.Ihre Hypothesen haben verhältnismässig gut abgeschnitten, aber es hat dennoch neue Inputs gegeben, die……die Leitplanken neu gesetzt haben. Genau.
Welche Entscheidungen haben Sie aufgrund dieses Online-Dialogs schon gefällt oder ins Auge gefasst?Verschiedene. Wir versuchen ab sofort im Newsroom weniger „technisch“ zu schreiben, sondern in einer einfacheren Sprache. Ein zweiter Punkt sind die Interaktionsmöglichkeiten. Stichwort: Webinare.Sie haben gesagt, es sei eine einfachere Sprache gewünscht worden.Ja, es stellte sich heraus, dass die Leute die Sprache lieber leichter zugänglich hätten. Die eingegebene Meinung war: „Die Texte im Newsroom sind zu kompliziert.“ Das hat eine deutliche Zustimmung erhalten. Das nehmen wir ernst.
«Ein grosser Vorteil von BrainE4 ist, dass man eine Rangliste der Ideen und Meinungen bekommt.»
Was ist Ihr Fazit, das Sie aus diesem Online-Dialog ziehen?

Das Format funktioniert! Mir gefällt der spielerische Aspekt. Dazu empfinde ich es als grosse Qualität, dass alle selbst entscheiden können, wie lange und intensiv sie sich damit beschäftigen wollen. Es ist nicht ein vorgegebener Fragebogen, den man von 0 bis 100% abarbeitet. Jeder kann bei jener Frage einsteigen, die ihm zusagt. Ob die Teilnehmenden 3 oder 15 Minuten mitmachen, ist für das Endergebnis egal. Die Gesamt-Inputs sind entscheidend.

Ein anderer Punkt ist die Begleitung durch BrainE4, die ich sehr geschätzt habe. Beginnend mit dem Kick-Off-Meeting, in dem wir gebrieft wurden und den Online-Dialog vorbereitet haben.

Dann gab es eine Art Halbzeit-Bilanz und zum Schluss einen ausführlichen Ergebnisbericht.

Wie schätzen Sie den Schlussbericht ein, den Sie bekommen haben?Es ist wie eine Art Management-Summary. Eine grössere Organisation würde sich vielleicht dem Bericht in der ganzen Tiefe widmen. Uns reichte die Zusammenfassung. Die Ranglisten waren sehr hilfreich.Neben dem Schlussbericht nach vier Wochen bestand auch die Möglichkeit, während des Online-Dialogs Zwischenresultate zu sehen. Haben Sie das genutzt?Ich habe mich alle paar Tage eingeloggt und das mit Freude angeschaut. Es machte Spass zu sehen, dass immer mehr Leute mitmachten. Es war spannend, die Entwicklung der Ideen zu verfolgen.
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Waren Sie ein bisschen enttäuscht, dass Ihre eigenen Hypothesen von Ideen von Teilnehmenden überflügelt wurden?Nein, das bewerte weder als positiv noch als negativ. Wir wollten ja wissen, was unsere Leserinnen und Leser wünschen. Manchmal gab es gegensätzliche Antworten. Die einen wollten längere, tiefergehende Texte, die anderen wollten kürzere, weil sie wenig Zeit haben. Aber auch diese Gegensätzlichkeit konnten wir erforschen.Wem würden Sie BrainE4 empfehlen?Überall, wo offene Fragestellungen zentral sind, funktioniert BrainE4. Wenn jemand eine Art Brainstorming mit einer grossen Menschengruppe möchte, oder eben auch die eigene Arbeit reflektieren und wie sie ankommt, dann ist BrainE4 ein sehr gutes Instrument.BrainE4 ist noch neu. War es ein Wagnis, diese Web-App anzuwenden?Wir wollten schon lange Ideen unserer Nutzerinnen und Nutzer hören. Das war jetzt eine gute Gelegenheit. Wir wussten, dass schon verschiedene Gemeinden BrainE4 erfolgreich getestet hatten. Das Risiko war also überschaubar.
Fakten und Kontakt:
Schweizerischer GemeindeverbandAnzahl Mitglieder: rund 1500 (71% aller Gemeinden)
Online-Dialog:
7 offene Fragen512 Teilnehmende112 Meinungen und Ideen14'182 Interaktionen
Leiter Kommunikation Schweizerischer Gemeindeverband:
Fabio PacozziTel: 031 380 70 02Mail: fabio.pacozzi@chgemeinden.ch
Interview: thk
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